Berlin Info Nr. 29

17. März 2023
Liebe Politikinteressierte,
nach einer immer schwieriger werdenden Anreise nach Berlin (egal ob Flugstreik oder Bahnverspätungen/-ausfälle) - die es notwendig machte, schon am Sonntagmittag nach Berlin aufzubrechen - bin ich froh, Ihnen heute doch über meine Sitzungswoche berichten zu können.

In dieser Woche ging es thematisch vorrangig um die Änderung des Wahlrechts sowie um die Fragen: Wie Sorgearbeit fair verteilt werden kann und wie Geschlechtergerechtigkeit in anderen Ländern gesehen wird. Als besonderer Gast begleitete mich von Dienstag bis Donnerstag Pauline Turrey, Hospitantin der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Hochschulgemeinden (AKH).

Ansonsten stehen in der kommenden Woche wieder Besuche und Gespräche im Wahlkreis auf dem Programm. Vielleicht sieht man sich bei dem einen oder anderen Termin - ich würde mich sehr freuen.

Beim Lesen der Berlin Info wünsche ich Ihnen viel Spaß und für das Wochenende viel Freude und Sonnenschein.

Ihre
mheil
Neues Wahlrecht für den Bundestag

In dieser Woche hat der Deutsche Bundestag mit der Mehrheit der Ampelkoalition ein neues Wahlrecht beschlossen, das bereits bei der nächsten Bundestagswahl 2025 gelten soll. Gleich in zweifacher Hinsicht wurde dabei mit guten parlamentarischen Traditionen gebrochen: Erstens wurde in den letzten 70 Jahren immer versucht, das Wahlrecht im Konsens aller Fraktionen zu ändern und nicht nur mit der Koalitionsmehrheit. Und zweitens wurde bisher das Wahlrecht üblicherweise erst für die übernächste Bundestagswahl geändert, damit die Abgeordneten nicht direkt über ihr eigenes Schicksal entscheiden. Zugegeben war das zu lösende Problem dringend: Der Deutsche Bundestag ist durch verändertes Wahlverhalten bei den letzten Wahlen immer größer geworden. Das stört absolut jeden hier im Hause, nicht zuletzt weil die Infrastruktur des Parlamentes nicht auf so viele Abgeordnete und Mitarbeiter ausgelegt ist. Trotzdem finde ich es sehr bedauerlich, dass die Ampelkoalition jetzt im kompromisslosen Galopp vorgegangen ist.

Eine ideale Lösung für das Problem hat bislang niemand gefunden, weshalb die Änderung des Wahlrechts sich auch lange hingezogen hat. Unsere Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und Wolfgang Schäuble hatten mehrfach auf baldige Änderungen gedrungen. Die CDU/CSU-Fraktion hatte konstruktive Vorschläge vorgelegt (Grabenwahlrecht), die aber von den anderen Fraktionen abgelehnt wurden. Das Modell der Ampel sieht nun im Kern vor, dass nicht mehr alle Wahlkreisgewinner nach Erststimmen tatsächlich in den Bundestag einziehen, sondern dass ihr Mandat zusätzlich auch durch Zweitstimmen ihrer Partei im jeweiligen Bundesland gedeckt sein muss. Dadurch wird die Entstehung von Überhangs- und Ausgleichsmandaten verhindert, die für die Vergrößerung des Parlamentes verantwortlich waren. Allerdings für den hohen Preis, dass es zukünftig einzelne Wahlkreise in Deutschland geben könnte, die über keinen Bundestagsabgeordneten mehr verfügen. Der bürgernahen Demokratie ist das natürlich nicht unbedingt förderlich.
Fast in letzter Minute hat die Ampelkoalition jetzt noch zwei weitere Änderungen an ihrem Gesetzesentwurf vorgenommen: Die reguläre (und zukünftig fixe) Zahl der Bundestagsabgeordneten soll nun doch von 598 auf 630 Abgeordnete erhöht werden. Dadurch soll sich das Risiko von „unbesetzten“ Bundestagswahlkreisen etwas verringern, das durch die Maßnahmen der Koalition erst geschaffen wurde. Außerdem wurde die sog. Grundmandatsklausel gestrichen. Diese legte bisher fest, dass Parteien, die die bundesweite 5%-Sperrklausel bei den Zweitstimmen verfehlen, trotzdem in voller Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen können, wenn sie mindestens drei Direktmandate gewonnen haben. Diese Regelung sollte sicherstellen, dass Parteien mit starker regionaler Verankerung angemessen im Bundestag vertreten sind. Aktuell profitiert von dieser Regelung die Linkspartei, wie auch schon in der Vergangenheit.
Zukünftig könnte die Streichung der Grundmandatsklausel theoretisch aber auch dazu führen, dass die CSU gar nicht mehr im Bundestag vertreten wäre – trotz Millionen von Wählern in Bayern. Ich glaube fast, dass der Ampelkoalition diese spezielle Auswirkung, die nur sehr verschachtelt im Gesetz zu erkennen ist, so ursprünglich nicht bewusst war. Schließlich haben wir in den letzten Monaten immer wieder handwerklich schlecht gemachte Gesetzentwürfe der Regierung erlebt, die zu kuriosen Ergebnissen führten und später hektisch nachgebessert wurden. Ein solcherart verzerrtes Wahlergebnis wäre, wenn es eintreten würde, natürlich verheerend für die Demokratie, weshalb wir als Unionsfraktion den veränderten Gesetzentwurf abgelehnt haben. Wie es jetzt damit weiter geht, wird man sehen müssen. Möglicherweise muss die Ampelkoalition sich wieder einmal kurzfristig korrigieren, oder das Bundesverfassungsgericht muss sich mit der Frage beschäftigen. Ich persönlich war und bin jedem vernünftigen Vorschlag zur Änderung des Wahlrechts gegenüber aufgeschlossen, aber dass es so nicht geht, hätte eigentlich jedem klar sein müssen.
Hospitantin im Büro
Pauline Turrey: Vom 14. bis zum 16. März 2023 hatte ich über das Forum Hochschule und Kirche, dem Zusammenschluss der Katholischen Hochschulgemeinden in Deutschland, die Gelegenheit, bei Frau Heil im Bundestag zu hospitieren. Die Hospitation ermöglichte mir nicht nur einmal „hinter die Kulissen“ des Bundestags zu schauen, sondern auch – für mich als Geschichtsstudentin besonders interessant – einen Einblick in eine historisch bedeutsame Institution zu bekommen und eine der zentralen Stätten der deutschen Geschichte kennenzulernen. Beim Besuch von Arbeitsgruppen oder Ausschusssitzungen konnte ich den Arbeitsalltag einer Abgeordneten und politische Prozesse miterleben und neue Erfahrungen sammeln. Für diese Möglichkeit möchte ich Frau Heil und Ihrem Büro an dieser Stelle sehr herzlich danken!
Gespräch zur Rollenzuschreibungen bei Frauen
Wie machtvoll sind gesellschaftlich geprägte Rollenzuschreibungen? Und wie gelingt Frauenförderung? Über diese und weitere Frage diskutierte ich zusammen mit Yvonne Magwas, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, und der österreichischen Autorin Martina Lackner.
Bündnis Sorgearbeit fair teilen
Das „Bündnis Sorgenarbeit Fair teilen“ stellte im Rahmen eines Parlamentarischen Frühstücks seine Arbeit vor und diskutierte an drei Thementischen („Elterngeld“, „Lohnersatzleistung Pflege“ und „Reform Besteuerung“) seine Kernforderungen: 1. Erhöhung der nicht übertragbaren Elterngeldmonate auf mind. 4 pro Elternteil, 2. Abschaffung Lohnsteuerklasse V und Einführung Individualbesteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag, 3. Einführung Lohnersatzleistung für Pflegephasen.
Repräsentation und Partizipation von Frauen in Europa
Dominik Hirndorf, Referent für Wahl- und Sozialforschung in der Hauptabteilung Analyse und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., berichtete in der Sitzung der Gruppe der Frauen über Geschlechtergerechtigkeit als vieldiskutiertes gesellschaftspolitisches Thema in Europa, denn der Weg von der rechtlichen Gleichstellung zu gesellschaftlicher Parität ist weit.

Die repräsentative Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung "Mittendrin statt nur dabei? – Repräsentation und Partizipation von Frauen in Europa" zeigt die Wahrnehmungen von Geschlechtergerechtigkeit, Rollenbildern und Stereotypen in Deutschland, Italien, Kroatien, Polen und Schweden im Vergleich. Dabei wird deutlich: Die Diskriminierung von Frauen wird in allen Ländern als großes Problem wahrgenommen.
Allerdings zeigen sich zwischen den Ländern auch immer wieder spannende Unterschiede: Wer favorisiert eher einen Mann für die Kanzlerschaft oder den Posten als General? Wo halten sich traditionelle Rollenbilder?
Frauen und die Wechseljahre
Die Hälfte unserer Bevölkerung durchläuft sie, und zwar für eine ziemlich lange Zeit. Im Durchschnitt zehn Jahre – und trotzdem spricht kaum jemand darüber: die Wechseljahre. Individuell sehr unterschiedlich verlaufen sie schneller oder langsamer, bei den einen fast unbemerkt, bei den anderen mit heftigen, die Lebensqualität einschränkenden Beeinträchtigungen. In Deutschland sind rund neun Millionen Frauen betroffen. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 83 Jahren beginnt mit der Menopause für die meisten Frauen der dritte Lebensabschnitt, und der erfordert eine andere, neue Aufmerksamkeit für Körper, Seele und Gesundheit. Nur welche?

Dieser Frage gingen Julia Klöckner, Dorothee Bär, Silvia Breher und Franziska Hoppermann in einer sehr gelungenen Fraktionsveranstaltung am Donnerstagabend mit den beiden Besteller-Autorinnen, der Ärztin Dr. Sheila de Liz („Woman on Fire – Alles über die fabelhaften Wechseljahre“) sowie Miriam Stein („Die gereizte Frau“), nach.
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