Berlin Info Nr. 54

14. Juni 2024
Liebe Politikinteressierte,
schön, Sie hier wieder begrüßen zu dürfen. Heute geht es in meiner Berlin Info um das Europawahlergebnis und dessen Folgen, um die Rede des ukrainischen Staatspräsidenten im Bundestag, den Kirchenkongress der Unionsfraktion, um Besuch aus dem Wahlkreis, die Situation des Deutschen Roten Kreuzes, um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen, um Karneval und um den Jugendmedienworkshop des Bundestages.
Nach zwei Sitzungswochen in Berlin freue ich mich nun auf eine Woche im Wahlkreis. Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben ein schönes Wochenende.
Ihre
mheil
Das Europawahlergebnis – und wie geht es weiter?

Am vergangenen Sonntag waren nicht nur bei uns und in einigen weiteren Bundesländern Kommunalwahlen, sondern es fand auch landesweit die Europawahl statt. Während diese Wahl früher als eher nachrangig betrachtet wurde, gilt sie mittlerweile unter Meinungsforschern als eine echte „Zwischenwahl“ zu den Bundestagswahlen. Offensichtlich sehen das auch die Wähler so, denn die Wahlbeteiligung ist bei den Europawahlen zuletzt sehr deutlich gestiegen. Als Union können wir daher zufrieden sein, dass wir unser Ziel von 30% der Wählerstimmen (knapp!) erreicht haben und klar stärkste Partei geworden sind. Bei der Ampelkoalition wurden dagegen SPD und Grüne massiv abgestraft, während die FDP auf sehr niedrigem Niveau verharrt. An den Rändern haben die AfD und das „Bündnis Sarah Wagenknecht“ (BSW) deutlich zugelegt, während, typisch für die Europawahl, auch einige sehr kleine Parteien Achtungserfolge feiern konnten. CDU und CSU sollten sich meiner Meinung nach aber keine Illusionen machen: Wir sind aus dem „Tal der Tränen“ der letzten Bundestagswahl zwar heraus, aber es liegt noch ein langer Weg vor uns. Insbesondere angesichts der eklatanten Schwäche der Ampelkoalition können 30% für uns nicht das Ziel bei der nächsten Bundestagswahl sein – wir müssen deutlich mehr schaffen!
Der nächste Schritt auf dem Weg dahin sind nun die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September. Und da könnten Probleme auf uns zukommen, die am Ergebnis der Europawahl schon ablesbar sind. AfD, Linkspartei und BSW verfügen in allen drei Länder aktuell gemeinsam über eine Mehrheit der Wählerstimmen. Ich bezweifele, dass sich das in weniger als drei Monaten noch flächendeckend ändern wird. Es werden in Dresden, Erfurt und Potsdam nach der Wahl aber Regierungsmehrheiten gebraucht, unter Führung von Ministerpräsidenten der CDU. Wer dafür alle möglichen Optionen von vornherein ausschließt, hat bei Eintreten so einer schwierigen Situation dann wenig Handlungsmöglichkeiten. Mit diesem absehbaren Dilemma sollten wir uns dringend auseinandersetzen – am besten nicht über die Medien, sondern persönlich. Ein Fraktionskollege aus Sachsen hat in dieser Woche sehr eindringlich darauf hingewiesen, dass die CDU in Ostdeutschland immer weniger als „Partei der Einheit“ wahrgenommen werde und immer stärker als „Partei der Westinteressen“. Diesem falschen Eindruck sollten wir unbedingt aktiv entgegentreten. Und das ist nicht nur eine Aufgabe unserer Parteifreunde zwischen Ostsee und Erzgebirge, sondern für die gesamte Partei und insbesondere die Parteiführung. Ich nehme mich da als Mitglied des CDU-Bundesvorstands absolut nicht aus.
Schon vor längerer Zeit habe ich allerdings davor gewarnt, die AfD als ein reines „Ostphänomen“ wahrzunehmen, das für uns am Rhein vermeintlich weniger relevant sei. Ich befürchte eher, dass der Osten Deutschlands bei der Entwicklungstendenz der Parteienlandschaft (Zersplitterung, Radikalisierung) uns nur einige Jahre voraus ist. Auch bei uns ist die AfD jetzt so stark, wie sie zum Beispiel vor einigen Jahren in Sachsen war. Deshalb ist es auch brandgefährlich, wenn in Öffentlichkeit und Medien ständig über „den Osten“ als vermeintlichen Hort der „Nicht-Demokraten“ gesprochen wird. Wir sollten diese linke Erzählung nicht übernehmen. Was wirklich den Aufstieg der AfD fördert, kann man erkennen, wenn man auf die zweitstärkste Partei bei der Europawahl in den einzelnen Städten und Landkreisen schaut. Dann sieht man nämlich, dass auch fast im gesamten Süden der Republik die AfD bereits auf Platz zwei ist. Besonders stark ist sie auch in ehemaligen SPD-Hochburgen im Ruhrgebiet. Arbeiter wählen mittlerweile nur noch zu etwa 10% SPD. Die Stärke der AfD speist sich aus wirklichkeitsferner Politik, wie sie von der Ampel aktuell jeden Tag vorgeführt wird. CDU und CSU müssen daher noch stärker darauf achten, dem regelmäßig praxisnahe Politikkonzepte entgegenzusetzen, die „nah bei den Menschen“ sind. Es sind noch maximal 15 Monate bis zur nächsten Bundestagswahl!
Rede des ukrainischen Staatspräsidenten im Bundestag
Im Rahmen seines Berlin-Besuchs sprach der ukrainische Staatspräsident, Wolodymyr Selenskyj, zum ersten Mal persönlich im Deutschen Bundestag.

In einer sehr bewegenden und eindringlichen Rede dankte Selenskyj Deutschland für die geleistete Unterstützung seit Beginn des russischen Angriffskrieges, rief aber gleichzeitig dazu auf, dass dieser Krieg nur mit Unterstützung aller Verbündeten beendet werden kann.

Russland muss die Verantwortung für den Angriffskrieg und damit für den gesamten Schaden, den dieser angerichtet hat, übernehmen. Bezugnehmend auf die Friedenskonferenz in der Schweiz sagte der ukrainische Präsident: „Wir wollen der Diplomatie eine Chance geben. (…) Die Ukraine hat niemals nur auf die Stärke der Waffen gesetzt.“ Russland habe versucht, die Konferenz mit rund 100 Teilnehmerstaaten zu verhindern.

Als sehr befremdlich empfand ich das Verhalten großer Teile der AfD und BSW-Abgeordneten, die die Rede Selenskyjs boykottierten.
Kongress „Wie hältst du es mit der Religion?“
„Wie hältst du es mit der Religion?“ Diese Gretchenfrage aus Goethes Faust hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bei ihrem Kongress am Mittwochabend diskutiert.

Religion ist zwar eine persönliche Angelegenheit, aber keine Privatsache. Religionsgemeinschaften können Sinn stiften und Orientierung für das eigene Leben geben. Zugleich leisten die Kirchen und ihre Werke einen wichtigen sozial-karitativen Beitrag. Gleichzeitig stehen die beiden großen Kirchen in Deutschland aber aktuell auch vor schwierigen Herausforderungen.

Mit Kirsten Fehrs, amtierende Ratsvorsitzende der Evangelische Kirche in Deutschland
(EKD) und Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck; Dr. Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen und Katholischer Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr und Prof. Dr. Christiane Woopen, Professorin für Life Ethics, Universität Bonn wurde die Rolle der Kirchen für Gesellschaft und Parlament näher beleuchtet.
Schülergruppe St. Stephanus RS plus Nachtsheim
Die Schülerinnen und Schüler der St. Stephanus – Realschule plus in Nachtsheim hatten sich diese Woche auf den Weg nach Berlin und zum Deutschen Bundestag gemacht. Die jungen Leute beschäftigte die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage in unseren Land sehr. Fragen zum Gendern und zur Atomkraft wurden u.a. intensiv diskutiert.
Rotkreuzfrühstück
Auch in diesem Jahr lud die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, Gerda Hasselfeldt, alle interessierten Abgeordneten ein, sich im Rahmen eines Frühstücks über die vielfältigen Aktivitäten des Deutschen Roten Kreuzes zu informieren.

Die Präsidentin ging in ihrem Eingangsstatement besonders auf die aktuelle Situation der Krankenhäuser sowie Pflegeheime und Pflegedienste ein. Starke Preissteigerungen ohne ausreichende Refinanzierung stellen zahlreiche Kliniken vor enorme Herausforderungen. „Wenn nicht zeitnah umfassendere Reformschritte unternommen werden, ist die Versorgungssicherheit durch Krankenhäuser massiv gefährdet“, so die Präsidentin Gerda Hasselfeldt.

Der Status der Gemeinnützigkeit verpflichtet die DRK-Einrichtungen, alle Überschüsse im Sinne des Gemeinwohls einzubringen. Sie können keine Rücklagen bilden. Gemeinnützige Krankenhäuser haben deshalb im Gegensatz zu ihren Konkurrenten, denen in höherem Umfang private Investitionen zugutekommen oder denen öffentliche Mittel zugewiesen werden können, eine schlechte Ausgangsposition in der aktuell kritischen Situation.

Das sei aus Sicht des DRK paradox, erklärte Gerda Hasselfeldt, „denn ausgerechnet die gemeinnützigen DRK-Krankenhäuser spielen eine besondere Rolle im Katastrophenschutz und im Falle eines bewaffneten Konflikts. Unsere Krankenhäuser sind Daseinsvorsorge, und zwar auch in schlechten Zeiten. Das zu übersehen, kann noch sehr teuer werden.“

Ähnlich brisant sähe es auch beim Pflegedienst und den Pflegeheimen aus. Neben der schwierigen personellen Situation (die auch ausländische Kräfte nicht mehr auffangen) können die Dienste aufgrund der gestiegenen Kosten nicht mehr wirtschaftlich arbeiten. In der Vergangenheit konnten andere Bereiche die Dienste mitfinanzieren, was aktuell aber auch nicht mehr möglich sei. Es bräuchte einen grundlegend neuen gesellschaftlichen Konsens, so Hasselfeldt, wie die Pflege künftig finanziert werden soll.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der an diesem Morgen von der Präsidentin angesprochen wurde, war die nationale und regionale Arbeit des DRK. Man möge das DRK bitte nicht nur nach seiner internationalen Arbeit beurteilen, sondern auch die großartige Hilfe vor Ort durch die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer honorieren. Ohne die Unterstützung der Ehrenamtler beim DRK wären Seniorenbetreuung, Hilfe nach Unfällen oder Katastrophen, Dienste in Kleiderkammern oder Suppenküchen, Sanitätsdienst bei Veranstaltungen, Begleitung von Flüchtlingen, Kinder- und Jugendarbeit und vieles mehr nicht in diesem Umfang möglich.
Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR) e.V.
Die Gruppe der Frauen konnte diese Woche Prof. Dr. Anja Seng und Monika Schulz-Strelow von "Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR) e.V." zu einem Impulsvortrag zum Thema „Auf dem Weg zur gleichberechtigten Teilhabe in Führungspositionen“ gewinnen.

Der Verein FidAR hat es sich zum Ziel gesetzt, den Frauenanteil in den deutschen Aufsichtsräten signifikant und nachhaltig zu erhöhen. Denn trotz positiver Entwicklungen gibt es bislang keine Chancengerechtigkeit in den Chefetagen.

Im Mai veröffentlichte FidAR eine Wirkungsanalyse zur Umsetzung der Führungspositionengesetze. In diesem Praxisleitfaden werden sechs zentrale Ansätze aufgeführt, mit denen Unternehmen der Privatwirtschaft die Chancengerechtigkeit in Aufsichts- und Führungspositionen wirksam verbessern können. Außerdem soll der Leitfaden dazu beitragen, den vom Gesetzgeber in den Führungspositionengesetzen geschaffenen Rahmen mit praxisnahen Empfehlungen zu stärken, die den Unternehmen den Weg hin zur gleichberechtigen Teilhabe erleichtern.

„Unser Ziel ist, aus der Praxis für die Praxis konkrete Handlungstipps zu geben. Die wichtigste Erkenntnis aus der Befragung der Unternehmen ist, dass viele Entscheiderinnen und Entscheider die gesetzlichen Vorgaben teils nur rudimentär kennen und es noch große Defizite bei der Umsetzung gibt. Deswegen sind Impulse für praktikable Maßnahmen so wichtig, mit denen Unternehmen der Privatwirtschaft für mehr Geschlechtergerechtigkeit sorgen können“, betonte Prof. Dr. Anja Seng.
Parlamentskreis Karneval
Der Parlamentskreis Karneval, Fastnacht, Fasching (KFF) konnte diese Woche den Kommandanten des Traditionskorps der Prinzen-Garde Köln 1906 e.V., Marcel Kappestein, begrüßen. Kappestein ist seit 2017 Kommandant der Prinzen-Garde Köln und einer der jüngsten Kommandanten eines Traditionskorps im Kölner Karneval.

Für den Kommandanten sowie die Prinzen-Garde Köln ist das Ahrtal nicht unbekannt. Direkt nach der Flutkatastrophe rief der Verein eine große Spendenaktion „Hochwasser Ahrtal“ ins Leben und konnte somit Spendengelder in 6stelliger Höhe für die Flutbetroffenen sammeln. Auch mir ist die Prinzen-Garde nicht unbekannt. Vor zwei Jahren war ich zu Gast im Prinzen-Garde-Weg 1 in Köln.
Auch die VOR-Tour der Hoffnung wird durch die Prinzen-Garde unterstützt.
Jugendmedienworkshop im Deutschen Bundestag
Vom 6. bis 12. Oktober 2024 findet der Jugendmedienworkshop im Deutschen Bundestag statt.

Politik- und medieninteressierte Jugendliche können sich unter dem Titel „75 Jahre Grundgesetz – 75 Jahre Deutscher Bundestag – aktuelle Debatten zur Demokratie“ eine Woche lang den medialen und politisch-parlamentarischen Alltag in der Bundeshauptstadt anschauen. Sie werden sich unter anderem kritisch mit dem aktuellen politisch-parlamentarischen Geschehen auseinandersetzen, Abgeordnete persönlich treffen, an Gesprächen mit Mitgliedern von Fachausschüssen teilnehmen, Fachleuten zum Workshop-Thema begegnen und in einen Dialog treten.

Interessierte können sich vom 13. Juni bis 14. Juli 2024 unter dieser Internetadresse bewerben:
website facebook twitter instagram