Berlin Info Nr. 17

09. September 2022
Liebe Politikinteressierte,
in der ersten Sitzungswoche nach der parlamentarischen Sommerpause wird traditionell das Haushaltsgesetz für das kommende Jahr in den Bundestag eingebracht (die sogenannte Haushaltswoche). Nach den vielen Terminen im Wahlkreis habe ich mich wieder richtig auf die parlamentarische Arbeit in Berlin gefreut. So haben wir in dieser Woche die Haushaltsplanung aller Ressorts der Bundesregierung in erster Lesung debattiert. Meine persönliche Einschätzung zur aktuellen Debatte um Inflation und Energiepreiskrise können Sie hier in meiner Kolumne nachlesen.

Aber es gab diese Woche auch viel Raum für Nachdenkliches: Der israelische Staatspräsident Isaac Herzog hielt eine Rede anlässlich des vor 70 Jahren unterzeichneten Luxemburger Abkommens und des Gedenkens an die Opfer des Attentates auf die israelische Olympia-Mannschaft in München 1972 (mehr dazu weiter unten in dieser Berlin Info). Ein besonders wichtiger Besuch, gerade nach dem Vorfall im August, bei dem der Palästinensische Präsident Abbas Vorwürfe an Israel richtete, in 50 Fällen den Holocaust begangen zu haben - auf die Bundeskanzler Scholz nicht sofort reagiert hat. Meine Eindrücke der Gedenkstunde schildere ich weiter unten.
Schreibtisch
Darüber hinaus stand diese Woche im Zeichen der Vorbereitung des Bundesparteitages, der diesen Freitag beginnt. Nach zwei Jahren, in denen wir uns digital versammelt haben, treffen wir uns alle nun endlich wieder "analog". Die Anträge lieferten schon viel Stoff zur Diskussion im Vorfeld - ich hatte Einiges auf meinem Schreibtisch.
Ich freue mich nun erst einmal auf das Wiedersehen mit den Delegierten und die vielen Gespräche am Rande des Plenums in Hannover. Die Diskussion um den Erneuerungsprozess wird jedenfalls spannend werden.
Schauen Sie doch auch mal rein!
Jetzt wünsche ich Ihnen erst einmal viel Spaß bei der Lektüre, Ihnen und Ihren Lieben wünsche ich ein angenehmes Wochenende!

Ihre
mheil
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In einer Angebotskrise müsste man das Angebot ausweiten

In dieser Woche hat die Bundesregierung ihren Entwurf für den Bundeshaushalt 2023 in den Bundestag eingebracht. Einen Haushaltsentwurf, den die Regierung im Mai/Juni erarbeitet hat und der durch die sich zuspitzenden Ereignisse in erheblichen Teilen nun bereits wieder Makulatur ist. Die Haushälter werden die Zeit bis zur Verabschiedung des Haushaltes im November damit verbringen, das Zahlenwerk zu überarbeiten. Besonders stark wirkt sich aus, dass wir neben den bereits länger bestehenden Problemen, insbesondere der Pandemie und dem Krieg Russlands gegen die Ukraine, nun auch noch mit einer sich verfestigenden hohen Inflationsrate konfrontiert sind. Diese wurde durch Pandemie und Krieg mit ausgelöst und greift, beginnend insbesondere mit den explodierenden Energiepreisen, nun auf viele weitere Sektoren über.

Leider lässt die Bundesregierung ein durchdachtes Gesamtkonzept zur Problemlösung immer noch vermissen. Man gewinnt sogar den Eindruck, dass dort noch nicht einmal überall verstanden wurde, wo der Kern des Problems eigentlich liegt. Diesen Verdacht hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck durch seine erschreckend wirren Ausführungen zum Thema Insolvenz in dieser Woche im Fernsehen noch verstärkt. Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Wir haben es mit einer Inflationsentwicklung zu tun, die insbesondere von Knappheiten auf der Angebotsseite angetrieben wird. Wir stehen vor dem Problem, dass das Angebot an Waren und Dienstleistungen zurückgeht: Mangelnde Transportkapazitäten aus Übersee, Engpässe bei Rohstoffen sowie Zulieferteilen und teilweise Arbeitskräftemangel, auch ausgelöst durch Lockdowns, waren bisher dafür die Gründe.
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Nun kommen die Probleme mit den Energiepreisen als weitere große Belastung dazu. Das fängt mit Gas an, hört dort aber längst nicht auf, sondern wirkt sich insbesondere auch auf den Strommarkt erheblich aus. Eine angebotsgetriebene Inflation lässt sich mit den Mitteln der Zentralbanken ohnehin eher schwierig bekämpfen. Insbesondere bei einer Energieknappheit ist in erster Linie die Regierung mit kluger Energiepolitik gefragt. Die Bundesregierung greift mit ihrer Fokussierung fast ausschließlich auf die Versorgungssicherheit mit Strom und Gas dabei viel zu kurz. Ja, wir brauchen eine sichere Versorgung – aber wir brauchen sie auch zu einem irgendwie bezahlbaren Preis! Wenn Strom und Gas exorbitant teuer werden, dürfte das im Ergebnis in vielen Bereichen fast die gleichen Auswirkungen haben, wie wenn sie gar nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen würden. Dann stellen Unternehmen ihre Produktion ein und Privathaushalte sitzen im Kalten und/oder Dunklen.

Diese Angebotskrise lässt sich nur durch eine deutliche Angebotsausweitung lösen. Nur dann wird der Preis für Energie auch wieder zurückgehen. Bei Gas ist das kurzfristig schwierig, weil wir uns in der Vergangenheit viel zu abhängig von russischen Importen gemacht haben. Aber beim Strom liegen die Möglichkeiten auf der Hand – und es ist ein Skandal, dass sich die Bundesregierung dem verweigert und wertvolle Zeit verplempert. Ein besonders drastisches Beispiel sind dafür die letzten Atomkraftwerke. Wir hätten hier die Möglichkeit, durch die Aussetzung ihrer Abschaltung, für einen überschaubaren Zeitraum, eine erhebliche zusätzliche Strommenge unmittelbar zur Verfügung zu haben. Das würde sich nicht nur auf den Strompreis dämpfend auswirken, sondern auch die Situation beim Gas positiv beeinflussen, weil diese Strommengen dann nicht mehr in Gaskraftwerken erzeugt werden müssten und das dort eingesparte Gas für andere Nutzungen zur Verfügung stehen würde.
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Aus ideologischen Gründen verweigert sich die Bundesregierung dieser naheliegenden Möglichkeit und stellt stattdessen ein „Konzept“ vor, bei dem die Fachleute die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und das die Probleme wahrscheinlich sogar noch verschärfen wird: Zwei Atommeiler sollen zwar nicht dauerhaft Strom produzieren, aber ab Januar „in Bereitschaft“ gehalten werden. Das trägt nicht nur wenig zur Versorgungssicherheit bei, weil Atomkraftwerke nicht schnell in Betrieb gesetzt werden können, sondern wird den Strompreis sogar noch weiter erhöhen, weil die Kraftwerke in Bereitschaft laufende Kosten verursachen, ohne Strom zu liefern. Mit diesem parteitaktischen Murks hat die Bundesregierung sogar noch die Gasumlage an Wahnsinn übertroffen. Ich hoffe wirklich, dass Robert Habeck und Olaf Scholz noch zur Besinnung kommen und die Größe haben, ihre Fehler zu korrigieren. Sonst könnte unserem Land wirklich ein sehr schwieriger Winter bevorstehen.
Besuch des israelischen Staatspräsident Isaac Herzog in Berlin
Der israelische Staatspräsident Isaac Herzog war diesen Dienstag zu Besuch im Deutschen Bundestag. Anlass waren zum einen die Gedenkveranstaltung zum Olympia-Attentat vor 50 Jahren, bei welchem 11 israelische Sportler getötet wurden und zum anderen die Ausstellungseröffnung zu
70 Jahre Luxemburger Abkommen zwischen Deutschland, Israel und der Jewish Claims Conference.
Die Rede vor dem Parlament war ein bewegender Moment. Besonders, weil er sie mit einem gemeinsamen "Jiskor-Gebet" in Gedenken an die sechs Millionen ermordeten Jüdinnen und Juden während des Holocaust eröffnete. Herzog unterstrich die "moralische Auflage", die Zukunft zu gestalten und
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gleichzeitig niemals die Vergangenheit zu vergessen. Sein Vater, Chaim Herzog, ebenfalls (ehemaliger) Präsident Israels, hatte Ende der 80er Jahre bei einem Besuch des Vernichtungslagers in Bergen-Belsen gesagt:
"Wir haben nicht das Recht zu vergeben. Deutschland ist heute ein sehr wichtiger Verbündeter Israels und ein sehr enger Freund, doch macht dies die Vergangenheit in keiner Weise ungeschehen". Der Präsident wiederholte diese Zeilen und rief dazu auf, dass die Zukunft durch Israel und Deutschland gleichermaßen verantwortungsbewusst bestimmt werden kann. Antisemitismus und Rassismus müsse gleichermaßen gesehen und weiter bekämpft werden.

Engagement der Malteser im Ahrtal
Am Dienstag war der Beauftragte für Politik der Malteser, Frank Schira, bei mir zu Besuch. Verabredet hatten wir uns, um über die Arbeit der Malteser im Ahrtal und die Weiterentwicklung des Bevölkerungsschutzes zu sprechen. Das haben wir auch intensiv getan und ich habe die Gelegenheit genutzt, den Maltesern meinen Dank für ihr Engagement in unserer Region auszusprechen. Da in der letzten Woche der Papst den Großkanzler des Malteserordens, Albrecht Freiherr von Boeselager, abberufen hat und dem Orden eine Umstrukturierung bevorsteht, haben wir uns natürlich auch über diese Entwicklungen ausgetauscht. Für die wichtige Arbeit der Malteser vor Ort ändert sich dadurch absehbar nichts, aber die zukünftige Struktur des Ordens ist nun bis auf weiteres erst einmal ein wenig unklar.
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Ausstellung 70 Jahre Luxemburger Abkommen

Anlässlich des 70. Jahrestag des Luxemburger Abkommens zwischen Deutschland, Israel und der Jewish Claims Conference gibt es seit diesem Montag eine Ausstellung im Paul-Löbe Haus. Das 1952 geschlossene Übereinkommen bildet die Grundlage für die Entschädigung jüdischer Opfer nationalsozialistischer Verfolgung durch die Bundesrepublik.
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Die Ausstellung zeigt, auf neun großen und von innen beleuchteten Würfeln, die Aufarbeitung der Shoah und erinnert daran, welche Verbrechen die Nationalsozialisten begangen haben. Im Verlauf wird die Geschichte jüdischer materieller Ansprüche nach der Shoah sowie die deutschen Bemühungen, Verantwortung für die Verbrechen im Nationalsozialismus zu übernehmen, aufgearbeitet.
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Mit Bildern, Texten und Grafiken wird
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veranschaulicht, wie sich diese wichtige Aufgabe in den letzten 70 Jahren entwickelte, welche Veränderungen und Verbesserungen es gab und was für die Zukunft geplant ist.
Die Betroffenen, die Überlebenden des Holocaust, sind dabei stets Mittelpunkt der Ausstellung. Auf jedem Ausstellungswürfel erzählt eine ausgewählte Shoah-Überlebende ihre Lebensgeschichte.

In der Ausstellung wird deutlich, dass die Geschehnisse in keiner Weise ungeschehen gemacht werden können und Deutschland seit 70 Jahren versucht, die Verantwortung der Shoah zu übernehmen und sich verpflichtet hat, die Bemühungen zum Wohle der Opfer nicht enden zu lassen.

Weitere Informationen zur Ausstellung, Anmeldung und Führungen:
Der Bundestag gedenkt Michail Gorbatschow

Michail Gorbatschow, einer der "Väter der Deutschen Einheit", starb am 30. August 2022 in einem Moskauer Krankenhaus im Alter von 91 Jahren. Im Deutschen Bundestag gab es hierzu zwar eine Gedenkminute und eine Ansprache der Bundestagspräsidentin, eine Gedenkstunde war leider nicht vorgesehen. Michail Gorbatschow hat für uns Deutsche eine besondere Bedeutung, da wir ihm viel zu verdanken haben. Der Friedensnobelpreisträger hat mit seiner Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) den friedlichen Übergang zur Demokratie nicht nur in der damaligen DDR, sondern auch in den ost- und mitteleuropäischen Ländern ermöglicht.
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Bundestag erhebt sich in Gedenken an Königin Elizabeth II.
Der Deutsche Bundestag hat sich am Freitag, 9. September 2022, in Gedenken an Elizabeth II., Königin des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, zu einer Schweigeminute erhoben. Elizabeth II. war am Donnerstag, 8. September, im Alter von 96 Jahren verstorben.

Königin Elizabeth II. prägte die Weltgeschichte im 20. und 21. Jahrhundert wie keine andere. Die deutsch-britische Freundschaft lag ihr immer sehr am Herzen. Dafür sind wir dankbar. Es bleiben viele schöne Erinnerungen an die Besuche der Queen in Deutschland. We will miss her.
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